- José Saramgo, Die Reise des Elefanten, Hoffmann und Campe, 236 Seiten
- Eine unerwartet leichte Erzählung über eine ungewöhnliche, historisch wahre Reise des indischen Elefanten Soliman quer durch Europa von Portugal über Spanien, Italien, die Alpen bis nach Wien. Der Elefant hinterlässt bleibenden Eindruck nicht nur durch seinen unfassbaren Hunger und die entsprechenden Mengen an Stuhlgang. Saramango gelingt es, die erschreckende Faszination des Fremden und Unbekannten einzufangen und demaskiert dabei nicht nur die Zeitgenossen Solimans sondern auch den zeitgenössischen Leser. Meisterhaft und voller Ironie erzählt in einem Roman voller Witz, Wärme und Wunder.
- „Diesmal jedoch kommt die große Neuigkeit aus Padua, schließlich passiert es nicht alle Tage, dass ein Elefant sich feierlich vor dem Portal einer Basilika niederkniet und damit bestätigt, dass die Botschaft des Evangeliums sich an das gesamte Tierreich richtet und jenes beklagenswerte Ertrinken dieser Hunderte von Schweinen im See Genezareth nur auf mangelnde Erfahrung zurückzuführen ist, waren doch damals die Zahnräder des Wundermechanismus noch nicht so gut geschmiert. Was heute zählt, sind die langen Schlangen von Gläubigen, die sich vor dem Lager bilden, weil sie den Elfefanten sehen und an dem Handel mit Elefantenhaaren teilhaben wollen, welchen der Mahut auf die Schnelle eingerichtet hat, um einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass er die naiverweise erwartete Belohnung von der Schatzmeisterei nicht erhalten hatte. Wir wollen den Mahut nicht tadeln, andere haben weitaus weniger für den christlichen Glauben getan und wurden trotzdem mit ordentlichen Pfründen bedacht. Morgen wird es heißen, ein dreimal täglicher Aufguss aus Elefantenhaar sei das wirksamste Mittel gegen Durchfall, und eingelegt in Mandelöl schaffe besagtes Haar, wenn man damit dreimal täglich kräftig die Kopfhaut einreibe, Abhilfe beim schlimmsten Haarausfall. Der Mahut hat alle Hände voll zu tun, die Münzen in dem Beutelchen an seinem Gürtel wiegen schwer, bliebe das Lager noch ein paar Wochen bestehen, wäre er ein gemachter Mann […] Er fragt sich, warum es ihm nicht schon früher, als er noch in Indien lebte, eingefallen ist, Elefantenhaare zu verkaufen, doch tief in seinem tiefsten Inneren denkt er sich, dass in seinem Heimatland trotz der Unmenge an Göttern, Untergöttern und Dämonen dennoch viel weniger Aberglaube herrscht als in diesem zivilisierten, christianisierten Europa, wo in blindem Vertrauen ein Elefantenhaar gekauft und fromm sämtlichen Lügen des Verkäufers geglaubt werden. Für seine eigenen Träume bezahlen zu müssen stellt bestimmt die schlimmste Verzweiflung dar.“
- Das Buch ist ein Geburtstagsgeschenk aus dem vergangenen Jahr von einer guten Freundin, deren Bücher immer ein Gewinn sind. Eine Zusammenfassung der historischen Ereignisse findet man hier.