Die Entdeckung des Himmels

Die Entdeckung des Himmels

Staratschek Julian -
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1. Die Entdeckung des Himmels, Harry Mulisch, 867 Seiten.

2. 867 Seiten. Wer den Prolog (11 Seiten) übersteht, gerät in ein wahres Feuerwerk. Ein ausuferndes Werk, elegant geschrieben, kunst- und fantasievoll kombiniert, ein teils ernster, immer aber grotesker Roman, der an die Grenzen des Verstehens führt. Religion, Physik, Philosophie, Mystik und so vieles mehr. Ein großes Buch, in dem der Autor für das Chaos der Welt, unsere Lebensgeschichte- und geschichten sowie die gesamte Moderne eine Erklärung zu finden sucht. Ich bin eher zufällig auf dieses Buch gestoßen (danke Bücherschrank!) und habe es kaum mehr aus der Hand legen können. Selbstverständlich wäre es hilfreich, das Buch Hiob oder Goethes Faust zu kennen, wenn man den Erzählungsbogen vollumfänglich verstehen möchte. Aber vielleicht ist "Die Entdeckung des Himmels" auch der Ansporn, sich den genannten großen Erzählung der Weltliteratur und Menschheit zuzuwenden. Keine leichte Aufgabe, aber auf jeden Fall lohnenswert, spannend, unterhaltsam, nachdenklich, humorvoll, traurig ... ein Spiegel des Menschseins. Und damit geeignet an 16plus ...

Die Rahmenhandlung ist folgende: Zwei Engel beschließen, dass die Tafel mit den Zehn Geboten zurück in den Himmel gebracht werden soll. Dazu bedarf es eines Abgesandten auf der Erde, der diese Tat vollbringt und somit den biblischen Bund zwischen Gott und den Menschen beendet.

Um ihren Plan realisieren zu können, wählen sich die Engel die Niederländer Max Delius und Onno Quist aus. Die himmlischen Geschöpfe lenken das Schicksal der beiden jungen Männer, die sich in den 1960er-Jahren eines Abends scheinbar zufällig auf der Straße begegnen.

Harry Mulisch geht im ersten Teil des Buches besonders auf die aufwühlende Zeit in den 1960er-Jahren  sowie auf die Spannungen zwischen Sozialismus und Kapitalismus ein. Im weiteren Verlauf des Romans spielen Literatur, Musik und Architektur eine Rolle. Mulisch greift Goethes Faust auf; beschreibt später die Bauten in Rom bis ins kleinste Detail. Bei einer Reise nach Israel wird die biblische Geschichte rund um Moses erzählt. „Die Entdeckung des Himmels“ ist streckenweise wie ein vielseitiges Lexikon zu lesen.

3. Textauszüge: So ist es. Sie haben unser ausgefuchstetes Konzept entschlüsselt, nämlich dass Leben letztendlich Lesen heißt. Sie selber sind das Buch der Bücher. Im Jahr 1869 ihrer Zeitrechnung entdeckten diese verflixten Wesen die DNS im Zellkern, und wir redeten uns damals ein, dass das wenig zu bedeuten habe, weil sie nie auf die Idee verfallen würden, diese Säure könnte einen Code enthalten, den sie würden knacken können - aber hundert Menschenjahre später haben sie die genetische Geheimschrift bis in die letzten Feinheiten entziffert. Mit genau diesem Code haben wir sie viel zu schlau gemacht. (Prolog im Himmel, S. 10)

Der dröhnende Knall, mi dem im selben Augenblick ein blendendweißer Feuerball wie eine Rakete aus dem Himmel den Stein traf, auf dem er saß, versengte alle Bäume und Pflanzen im Garten, zersplitterte die Fenster vom Haus, die Vorhänge fingen Feuer, und schreckte das ganze Dorf aus dem Schlaf. Am nächsten Tag stellte man fest, dass sogar Teile des Findlings verdampft waren. So kam Max schließlich doch noch in die Weltpresse, wenn auch nicht aufgrund seiner kosmologischen Vermutungen, denn die blieben unbekannt, sondern dank des unglaublichen Zufalls, dass er genau an der Stelle gesessen hatte, wo er gesessen hatte. Vermutlich teilte er sein Schicksal nur mit einem Franziskanermönch aus dem siebzehnten Jahrhundert in Mailand. Der Volltreffer hatte von dem unglückseligen Astronomen weniger übrig gelassen als das Aufeinanderschlagen zweier Feuersteine von einer Ameise. Fachleute gingen davon aus, dass der Meteorit faustgroß gewesen sein muss. (S.628)

4. Wie gesagt, dem Bücherschrank unter der Hochbahn an der Niehler Straße sei dieser Zufallsfund gedankt. Eine große Erzählung, die nicht verpassen will, was es mit dem Universum und dem ganzen Rest auf sich hat ...